Leserbrief von Ralf Urban, Sinzig
Die Doppelmoral der Freien Wähler im Kreistag
Die Rhein-Zeitung berichtete kürzlich in einem Artikel über die konstituierende Sitzung des frisch gewählten Kreistages und dessen Mitglieder und Fraktionen. Mit großem Erstaunen konnte man bereits im Titel lesen, dass die FWG bei der Wahl der Beigeordneten „ausgebootet“ wurde. CDU, SPD und FDP einigten sich offensichtlich im Vorfeld, wer das Ehrenamt in der kommenden Legislaturperiode übernehmen sollte. Diese Vorgehensweise scheint nicht unüblich zu sein. Erstaunlich ist jedoch die Entrüstung, mit der sich Mitglieder der FWG-Fraktion über diese Vorgehensweise äußern. Es wird argumentiert, dass es „guter demokratischer Brauch sei, dass sich das Wahlergebnis auch bei der Besetzung der Beigeordneten widerspiegeln soll“. Doch wenn man sich an die Beigeordnetenwahl der letzten Legislaturperiode erinnert, haben sich die Mitglieder der FWG genau daran nicht gehalten. Die Bewerberin der damals zweitstärksten Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN konnte sich weder bei der Wahl zur zweiten noch zur dritten Beigeordneten durchsetzen. Das lag unter anderem am Wahlverhalten der FWG-Mitglieder, die sich offensichtlich im Vorfeld mit den Fraktionen von CDU und FDP darüber geeinigt hatten. Das ist alles nachvollziehbar, doch sollte man heute nicht den Moralapostel mimen, indem man sich darüber echauffiert, wenn man ein bestimmtes Wahlverhalten bei anderen anprangert, was man selbst vor ein paar Jahren an gleicher Stelle genauso praktiziert hat. Diese Form der „Wähler-Verdummung“, wie die Rhein-Zeitung den Vorsitzenden der FWG-Kreisgruppe zitiert, wird mit größter Selbstverständlichkeit gerne praktiziert, sobald man selbst Nutznießer dieser Praxis ist. Eine derartige Doppelmoral schadet der Glaubwürdigkeit der Politik und steigert die Politikverdrossenheit vieler Menschen.
Ralf Urban, Sinzig
Foto: Sebastian Mölleken