Drohnen-Einsatz rettet über 100 Rehkitze vor dem Mähtod
In den vergangenen Monaten klingelte der Wecker der Jäger sowie der Helfer der Rehkitzretter Rhein-Ahr und der Wildtierrettung Eifel oft vor Sonnenaufgang. Der Grund: Jungwild, insbesondere Rehkitze, vor dem Mähtod zu bewahren. Trotz der Anstrengung und des Schlafmangels hat sich der Einsatz gelohnt: Viele Kitze, Junghasen und Bodenbrüter wurden auch in diesem Jahr vor Verstümmelung und Tod gerettet. Es gab aber auch schlechte Erfahrungen – die Ehrenamtlichen hoffen auf mehr Umsicht und Verständnis der Bevölkerung.
Modernste Technik im Einsatz
Das Frühjahr ist für neugeborene Wildtiere eine besonders gefährliche Zeit, da die Brut- und Setzzeit mit der Frühjahrsmahd zusammenfällt. Landwirte tragen die Verantwortung, unnötiges Tierleid durch das Ausmähen von Jungwild zu vermeiden, indem sie die Wiesen vor dem Mähen absuchen und sicherstellen, dass keine Jungtiere verletzt oder getötet werden. Diese Aufgabe erfordert jedoch Unterstützung, weshalb der ehrenamtliche Einsatz der Jäger und Helfer unverzichtbar ist. Die Kreisgruppe Ahrweiler im Landesjagdverband engagiert sich seit Jahrzehnten in der Jungwildrettung und setzt dabei zunehmend auf moderne Methoden wie den Einsatz von Wärmebilddrohnen.
Früher setzten die Jäger auf traditionelle Methoden wie das manuelle Absuchen der Wiesen und die visuelle Abschreckung durch das Aufstellen von Fahnen. Diese zeitintensiven Ansätze wurden inzwischen weitgehend durch den Einsatz von Wärmebilddrohnen ergänzt oder ersetzt. Viele Jagdpächter haben sich eigene Wärmebilddrohnen angeschafft, um den Landwirten in ihren Revieren zu helfen. Auch die Teams der Rehkitzretter Rhein-Ahr und der Wildtierrettung Eifel setzen auf diese Technik.
Effiziente Rettungseinsätze
Früh morgens, wenn die Temperaturen noch niedrig sind, machen sich die Retter auf den Weg. Mit den Drohnen fliegen sie die zu mähenden Flächen ab und suchen nach versteckten Rehkitzen und anderem Jungwild. Die Drohnen erkennen die Wärmesignaturen der Tiere, wodurch diese schnell und zuverlässig lokalisiert werden können. Rehkitze drücken sich bei Gefahr flach auf den Boden und verharren bewegungslos. Sie haben kaum Eigengeruch. Die Ricke, das Muttertier, hält sich fern vom Kitz und besucht es nur zum Säugen, um keinen Geruch zu hinterlassen, der Feinde anziehen könnte. Wurden die Tiere vom Drohnenpilot lokalisiert, werden sie von den Helfern behutsam eingesammelt und sicher außerhalb des Gefahrenbereichs gebracht. Nach dem Mähen werden die Kitze schonend und an der richtigen Stelle freigelassen. Das erfordert ein hohes Maß an Koordination und Sensibilität, um keinen menschlichen Geruch zu hinterlassen und den Tieren keinen zusätzlichen Stress zu bereiten. Es muss sichergestellt werden, dass die Mutter ihr Kitz wiederfindet.
Über 100 Rehkitze vor dem Tod bewahrt
Der Austausch zwischen Landwirten, Jägern und Vereinen funktioniert im Kreis Ahrweiler sehr gut – vielerorts ist man mittlerweile ein eingespieltes Team. Und das ist auch wichtig: Da der Mähtermin wetterabhängig von den Landwirten festgelegt wird, findet die Arbeit oft kurzfristig und gleichzeitig an mehreren Orten statt. Ein einzelnes Team könnte diese Aufgabe schlicht nicht bewältigen. Durch die Zusammenarbeit konnten in dieser Saison hunderte Flächen abgesucht werden. Patrick Terstegen, Mitgründer der Wildtierrettung Eifel und Jäger der Kreisgruppe, berichtet, dass der Verein etwa 150 Flächen absuchte, auf denen 38 Rehkitze gefunden und aus dem Mähbereich getragen werden konnten. Das Team um Daniela Wahl mit Tochter Dorothea Hargens von den Rehkitzrettern Rhein-Ahr zählt 67 gerettete Kitze. Dazu kommen dutzende weitere Rehkitze, die durch die Jäger der Kreisgruppe Ahrweiler vor dem Mähtod gerettet werden konnten. Insgesamt wurden im Kreis Ahrweiler weit über 100 Kitze sowie einige Junghasen und Bodenbrüter vor dem Mähtod bewahrt.
Ignoranz und falsch verstandene Hilfsbereitschaft
Neben den Erfolgen äußern die Jungwildretter auch Sorgen über zunehmende Ignoranz und falsch verstandene Hilfsbereitschaft. So werden etwa während der Brut- und Setzzeit die Wald- und Feldwege verlassen und Hunde werden trotz aller Hinweise nicht an der Leine geführt. Allzu oft zeigten sich die Hundebesitzer bei Ansprache durch die Jagdpächter uneinsichtig. Wichtig ist den Jägern und Helfern auch, dass die Jungwildrettung nur in qualifizierte Hände gehört. Gut gemeinte Hilfe durch unerfahrene und kurzentschlossene „Retter“ führt leider immer wieder zu unnötigem Tierleid. Ein besonders tragischer Vorfall ereignete sich im Juni in Grafschaft-Bölingen, berichten die Rehkitzretter Rhein-Ahr:
Während der Brut- und Setzzeit führte eine Person mit ihrem Hund und einem Welpen Apportierübungen durch – ein Verhalten, das schon angesichts der sensiblen Zeitperiode äußerst kritisch ist. Ein winziges Rehkitz folgte den Hunden, sodass es aus der Wiese geführt wurde. Statt sofort eine fachkundige Rückführung zu organisieren und den Jagdpächter zu kontaktieren, entschied sich die betroffene Person, das Rehkitz mitzunehmen und einer Freundin zu übergeben. Die beiden Frauen entschieden, das Rehkitz eigenmächtig aufzuziehen, trotz gegenteiliger Beratung durch die Rehkitzretter Rhein-Ahr. Diese hatten klar erläutert, dass das Kitz intensiv mit Erde und Gras abgerieben und an den Fundort zurückgebracht werden sollte, um es von der Mutter wieder aufnehmen zu lassen. Zudem sollte der Jagdpächter die Situation überwachen. Leider verlief alles falsch: Das Rehkitz wurde unzureichend gefüttert, nicht zum Lösen animiert und schließlich nach sechs Stunden in einer Hundebox wieder in die Wiese gesetzt – viel zu spät, um von der Mutter noch akzeptiert zu werden. Die Nacht ohne Fütterung hinterließ ein völlig dehydriertes und ausgehungertes Kitz, das dann in einer Aufzuchtstelle in Trier abgegeben wurde – wo es letztlich nicht mehr gerettet werden konnte.
Blick in die Zukunft: Verbesserung der Organisation und Zusammenarbeit
Um die Rehkitzrettung in Zukunft noch effektiver zu gestalten, planen die Beteiligten eine noch engere Zusammenarbeit. Die Kreisjägerschaft hat bereits Informationen zur Jungwildrettung auf ihrer Website bereitgestellt und versucht nun, die Absprachen zwischen den Rettungsteams zu intensivieren. Ziel ist es, die Hilfe für die Landwirte auf mehrere Schultern zu verteilen und die Rettungsaktionen noch effizienter zu koordinieren.
Gemeinsame Pressemitteilung der Wildtierrettung Eifel e.V., der Rehkitzrettung Rhein-Ahr und der Kreisgruppe Ahrweiler im Landesjagdverband Rheinland-Pfalz e.V.
Siehe auch den Artikel über die Rehkitzrettung Rhein-Ahr hier im Rhein-Ahr Anzeiger: https://www.aktiplan.de/rehkitzretter-rhein-ahr-retten-ueber-50-kitze-der-film/