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Wenn Menschen nicht mehr leben wollen

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Beim Sterben helfen

Professoren und Praktiker klären beim Podiumsgespräch am 23. Januar in Bad Neuenahr auf

Nicht mehr auszuhalten scheinen Schmerz, Leid, die Blicke von Anderen, die Überforderung Angehöriger. Aufhören sollen Sorgen und Nöte, Erschöpfung und Mutlosigkeit – das Leben. „Ich will nicht mehr“ oder „Ich kann nicht mehr“ heißt es dann. Was sich indes als vermeintlicher Sterbewunsch äußert, ist vielfach der Wunsch, in schwieriger Lage gehört zu werden, nicht alleine zu sein. Immer noch fehlt es an Informationen, was in derartigen Situationen alles getan werden kann, etwa palliativmedizinisch und gesellschaftlich. „Das Thema DARF nicht nur, es SOLL offen diskutiert werden, damit deutlich wird, wo die Probleme liegen“, findet die Vorsitzende der Hospiz-Stiftung Rhein-Ahr-Eifel, Ulrike Dobrowolny. Gelegenheit dazu gibt es bei einem hochkarätig besetzten Podium mit Fachleuten und Praktikern am Donnerstag, 23. Januar, unter der Überschrift „Beim Sterben helfen“. Jeder ist willkommen. Auf Einladung der Hospiz-Stiftung Rhein-Ahr-Eifel werden um 18.30 Uhr im Theatersaal des Wohnstifts Augustinum, Am Schwanenteich, in Bad Neuenahr existenzielle, philosophische, juristische, seelsorgliche, medizinische und pflegerische Aspekte beleuchtet.

Wer will, kann, darf oder soll entscheiden? Was ist mit unser neuzeitlich betonten Autonomie? Und was mit dem ärztlichen Ethos? Es herrscht viel Angst und gibt viel Unwissenheit bei dem Thema – bei Betroffenen, An- und Zugehörigen und selbst Fachpersonal. Bezeichnend ist auch, dass es der deutschen Gesetzgebung trotz mehrerer Initiativen bislang nicht gelungen ist, die Sterbehilfe neu zu regeln, obwohl ihr das das Bundesverfassungsgericht bereits vor fast fünf Jahren aufgetragen hat. „Es ist wichtig, die Nöte der Menschen ernst zu nehmen und sie darin zu unterstützen, sich Meinungen zu bilden“, sagt Dobrowolny.

Auf dem Podium tun das Torsten Verrel, Professor vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bonn, und Michael Gabor Zichy, Inhaber der neugeschaffenen Professur für Philosophische Grundfragen der Theologie und Sozialphilosophie an der Universität Bonn. Der Theologe Winfried Heidrich wird als langjähriger Krankenhausseelsorger aus dem praktischen Alltag in Luxemburg berichten, wo Ärzte laut Gesetz seit 2009 unter bestimmten Bedingen aktive Sterbehilfe und Suizidhilfe leisten dürfen. Aus dem Kreis Ahrweiler dabei sind neben Nadine Kreuser auch Heide Großgarten, Koordinatorin und Palliativcareschwester beim Hospiz-Verein Rhein-Ahr, sowie Heide Brumhard, Palliativmedizinerin in der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) der Hospiz im Ahrtal gGmbH. Es moderiert Andreas Wittrahm, Honorarprofessor für Psychologie an der Katholischen Hochschule KatHo NRW, Bereichsleiter Facharbeit und Sozialpolitik Aachen.

Die Teilnahme am Podiumsgespräch ist kostenlos. Anmeldung bei der Hospiz-Stiftung Rhein-Ahr-Eifel, 02641/2077969, oder im Wohnstift Augustinum, 02641/811. Weitere Infos: hospizstiftung-rheinahreifel.de. Das Podiumsgespräch kann auch online verfolgt werden unter dem Link: https://hospiz-rhein-ahr.de/index.php/podiumsdisskussion-2025-01-23.

Interview: Fünf Fragen an Andreas Wittrahm, Moderator des Podiumsgesprächs

Frage: Das Podiumsgespräch steht unter der Überschrift „Beim Sterben helfen“. Wie blicken Sie darauf?
Andreas Wittrahm: Ich unterscheide „Hilfe zum Sterben“ und Hilfe im Sterben, die jeder Frau und jedem Man in unserem Land medizinisch, psychologisch und spirituell uneingeschränkt zur Verfügung stehen muss.

Was haben Sie sich für Ihre Moderation des Podiumsgesprächs vorgenommen? Welche Aspekte möchten Sie besonders beleuchten?
Wittrahm: Die Aufgabe des Moderators in einer solchen Runde ist es, allen Beteiligten (Diskutanten und Publikum) den Rahmen zu verschaffen, um ihre Argumente und die dahinter stehenden Erfahrungen und Perspektiven auszutauschen.

Das Bundesverfassungsgerichts hat im Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für verfassungswidrig erklärt. Waren Sie überrascht von dem Urteil?
Wittrahm: Überrascht hat mich schon die extrem hohe Bewertung der Handlungsfreiheit (Autonomie) des einzelnen Bürgers, die das Verfassungsgericht dem gemeinschaftlichen Schutz des Lebens gegenüberstellt. Nicht überrascht hat mich, dass die „Sicherheitsvorkehrungen“, die das Gericht dem Missbrauch und der Ausuferung dieser Freiheit zum Sterben gegenüberstellt, aufgrund ihrer medizinisch-psychologisch-rechtlichen Voraussetzungen (zweifelsfrei eigener Wille, komplexes Beratungsverfahren) die Politik in der Umsetzung überfordern, weil sie fachlich und finanziell höchst anspruchsvoll sind.

Der Bundestag ist bisher darin gescheitert, die Sterbehilfe neu zu regeln. Warum denken Sie, ist das so schwer?
Wittrahm: Neben den schon genannten Faktoren konkurrieren hier sehr unterschiedliche Menschen- und Gesellschaftsbilder zur Frage des Verhältnisses von Autonomie und Leben, das nur in Beziehungen möglich ist.

Was sollen die Menschen, die das Podiumsgespräch an Ort und Stelle oder online verfolgen, mitnehmen? Was dürfen Sie erwarten?
Wittrahm: „Aufklärung“ und „Aufforderung zur Reflexion“ (die immer die emotionale Seite mit einbeziehen darf). Letztlich ist jeder von uns in der je eigenen Weise mit der Endlichkeit seines Lebens einerseits und der Unverfügbarkeit von „Bruder Leib“ und „Schwester Seele“ in diesem Leben konfrontiert.

Andreas Wittrahm, Jahrgang 1958, studierte von 1978 bis 1987 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Psychologie und katholische Theologie. Berufsbegleitend promovierte er im Jahr 2000 mit einer Arbeit über „Seelsorge, Pastoralpsychologie und Postmoderne“. Seit 2008 ist er Bereichsleiter „Facharbeit und Sozialpolitik“ im Caritasverband für das Bistum Aachen und lehrt unter anderem Psychologie an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen.

Pressemeldung Hospiz-Verein Rhein-Ahr
Foto: Prein Aachen

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