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Die Katastrophe nach der Katastrophe im Ahrtal

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Schwindende Pressefreiheit und Demokratiezersetzung: Die Katastrophe nach der Katastrophe im Ahrtal

Die Bewohner des Ahrtals durften in den vergangenen Monaten bereits eindrücklich erleben, dass sie von verschiedenen „Influencer-Helfern“ als mediales Mittel zum Zweck der eigenen Gewinnmaximierung missbraucht wurden. Ein neues, bedenkliches Phänomen ist, dass einige Facebook-Influencer aus der Helferszene, die sich im Zusammenhang mit der Ahrflut gebildet haben, nun konsequent auf das Stilmittel Täter-Opfer-Umkehr setzen. Das mantraartige Wiederholen von Aussagen, dass deren Seitenbetreiber ständig von „Hetzergruppen“ angegriffen und sogar bis in deren Familien gestalkt und bedroht werden, soll davon ablenken, dass im Ursprung genau diese Aktionen aus deren eigenen Reihen kamen und bis heute noch andauern, wie ich es zum Jahreswechsel 2021/2022 leider erleben musste. Ziel dieser Facebook-Influencer ist immer, eigene Interessen zu verfolgen und durchzusetzen, die den zahlreichen Followern (bis über 400.000) zumeist nicht bewusst sind. Geschickt halten sich die Seitenbetreiber häufig mit eigenen Kommentaren zurück, um juristisch nicht angreifbar zu sein. Sie lösen allerdings mit ihren gezielten Postings bei deren Followern die zu erwartenden Reaktionen aus, die teilweise kriminelle Ausmaße haben. Die Flutopfer und das Ahrtal treten dabei in den Hintergrund, sie dienen bei diesen Vorkommnissen lediglich als Kulisse – auch, wenn diese “Helferhelden“ genau das Gegenteil davon behaupten. Ihnen geht es nur um zwei Dinge: Klicks und Likes, d. h. um Umsätze sowie die Beeinflussung politischer Entscheidungen im eigenen Sinne.

Dieses äußerst perfide Verhalten ist bekannt und kann kurzfristig zum gewünschten Erfolg führen. Populisten und Autokraten, wie Trump, Putin und Erdogan arbeiten beispielsweise mit solchen Praktiken. Sogar einige große deutsche Boulevard-Medien ließen sich dazu hinreißen, diese Geschichten ungeprüft zu übernehmen, da sie sich hohe Klickraten und Verkaufszahlen erhoffen. Der Wahrheitsgehalt ist in großen Teilen zweifelhaft. Gefährlich wird es, wenn Oppositionspolitiker des Landtages Rheinland-Pfalz sich auf der Basis von gezielt gestreuten Gerüchten instrumentalisieren lassen, um Stimmung gegen die derzeitige Regierung zu machen und in der Hoffnung, vermehrte Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Hilfsdienste, wie z. B. der Helfer-Stab mitsamt der Geschäftsführerin werden diskreditiert und der eigentliche Zweck – die Wiederaufbauhilfe im Ahrtal – wird massiv durch solche Kampagnen behindert. Diese Kampagne gleicht einer Hexenjagd auf die Geschäftsführerin des Helfer-Stabs und gewählten Politikern der Landesregierung in Rheinland-Pfalz, bis hin zur Ministerpräsidentin. Eigentliche Leidtragende sind die Opfer der Flut im Ahrtal, die nach wie vor schnelle und unbürokratische Hilfe benötigen.

Ich möchte davor warnen, diese Entwicklungen leichtfertig zu ignorieren, da sie sich nicht mehr nur in wenigen Facebook-Blasen bewegen, sondern die Grenze zur breiten Öffentlichkeit überschritten haben und durch die Nutzung bundesweiter Medien-Strukturen große Reichweite erzielen. Inzwischen haben sie Dimensionen erreicht, die unsere demokratischen Strukturen gefährden oder gar zersetzen wollen. Medien und auch die Politik werden desinformiert und unter Druck gesetzt. Kritische Stimmen sollen durch penetrante Wiederholungen von Desinformationen massiv verunsichert oder gar zum Schweigen gebracht werden.

Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) sieht Deutschland in Sachen Pressefreiheit nur noch auf Platz 21, hinter Ländern wie Samoa oder die Slowakei, fünf Plätze schlechter als bei der letzten Bewertung. Kein Wunder, eine kritische Berichterstattung kann physische und verbale Gewalt oder -Androhung zur Folge haben, von denen sich Medientreibende auch bei uns immer häufiger unter Druck gesetzt fühlen. Lokale Redakteure haben mir bereits Ende 2021 mitgeteilt, dass eine kritische Berichterstattung über eine bestimmte Helferszene an der Ahr seitens der Verlagsleitungen nicht gewünscht ist. Behörden und Politik äußern sich nur sehr verhalten über diese Geschehnisse. Zumeist erst, wenn sie gezwungen sind, Falschmeldungen klarzustellen. Zweifellos kann man erkennen, dass der große Druck der Seitenbetreiber mitsamt deren Followermacht entsprechende Auswirkungen hat, die eine freie Presse und demokratische Entscheidungen in unserer Region einseitig beeinflusst oder gar einschränkt. Die aktuelle Hetzkampagne wurde maßgeblich durch eine große deutsche Wochenzeitschrift unterstützt, die offensichtlich keinerlei Anstalten unternommen hat, Gerüchte und Behauptungen ihrer Quellen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu prüfen. Diese Berichterstattung war ein journalistischer Totalausfall und ist mehr als bedenklich.

Ich empfehle dringend eine zeitnahe Aufarbeitung seitens staatlicher Behörden sowie durch den Presserat und Erarbeitung entsprechender Maßnahmen, um diesen sehr bedenklichen, demokratiefeindlichen Entwicklungen entgegenzuwirken.

Ralf Urban, Mitglied des Sinziger Stadtrats
© Foto: Sebastian Mölleken

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