“Was wiegt schwerer in unserem Land?“
Nach über zwei Jahren nach der Flutkatastrophe im Ahrtal am 14. Juli 2021 steht immer noch nicht fest, ob eine Anklage gegen Verantwortliche erhoben wird. Auch ist unklar, ob noch weitere Verantwortliche, insbesondere auf Landesebene, ermittelt werden, obwohl feststeht, dass auch hier bei der Organisation des Katastrophenschutzes nicht alles ordnungsgemäß verlaufen ist. Sehr eindrucksvoll und umfassend beschreibt dies die Journalistin Gisela Kirschstein in ihrem Buch “Flutkatastrophe Ahrtal – Chronik eines Staatsversagens”, das sie kürzlich in Sinzig vorgestellt hat.
Wie lässt sich dieser Umstand erklären? Man mag es kaum für möglich halten, es liegt daran, ob ein Versäumnis strafbewehrt ist oder nicht. In Deutschland ist es ein strafbewehrter Tatbestand, wenn der Verbandskasten im Auto nicht in Ordnung ist. Hingegen, wenn die einschlägigen Vorschriften zur Organisation des Katastrophenschutzes und die vorgeschriebenen Notfall- und Rettungspläne nicht in Ordnung sind oder nicht eingehalten werden, ist dies kein strafbewehrtes Vergehen. Beides dient der Menschenrettung! Offensichtlich hat der Gesetzgeber hier unterschiedliche Prioritäten gesetzt. Ein Schelm, der dabei Böses denkt. Denn es könnte ja sein, dass die politischen Verantwortlichen sich so selber schützen möchten.
Walter Jung, Remagen
Grafik: Archiv Gottschalk